Landwirtschaft 4.0

Raum, Landwirtschaft und Menschen in der Schweiz im Jahr 2040:
Diese 2016 erschienene, vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) herausgegebene Broschüre ist das Ergebnis der Diskussionen im Rahmen der vom erwähnten Bundesamt ins Leben gerufenen «Denkwerkstatt Nachhaltiges Agrarsystem Schweiz». 18 «Denkwerkerinnen und Denkwerker» mit unterschiedlichem beruflichen Hintergrund (u.a. Ökonomen, Landwirte, Biologinnen, ein Geograph, eine Klimawissenschafterin, Historikerinnen, ein Künstler) haben in drei Atelier-Workshops an der Hochschule der Künste Bern (HKB) über die Fragen «Welche Land- und Ernährungswirtschaft wünschen wir uns für die Zukunft?» und «Entlang welcher Linien soll sich die schweizerische Landwirtschaftspolitik entwickeln?» diskutiert. Die dabei entstandenen Zukunftsbilder sind persönliche Ideenskizzen der Teilnehmenden. Die Moderatoren der Firma IC Infraconsult haben den Inhalt der Diskussionen in den Workshops zusammengetragen und redaktionell aufbereitet. Die trotz verschiedener Vorstellungen der Teilnehmenden erkennbaren gemeinsamen Linien wurden von der Projektleitung des BLW zu einer Synthese zusammengefasst.

Vom Kulturland zum Innovationsraum
Das könnte die Zusammenfassung eines Historikers sein, der im Jahr 2040 die letzten 30 Jahre Agrarwirtschaft analysiert.
Seit den 2010er Jahren hat in der Schweiz das Kulturland in der politischen Debatte wieder grössere Aufmerksamkeit erfahren, dies von links und von rechts des politischen Spektrums. Namentlich der massive Bodenverschleiss vergangener Jahrzehnte und die wucherartige Zersiedelung in weiten Teilen des Landes hatten damals ein allmähliches Umdenken bewirkt, dessen Folgen heute, das heisst 30 Jahre danach, nun allmählich sichtbar werden.

Den Grundstein zum Schutz des Kulturlandes legte der Bund im Jahre 2018 zunächst mit der Entwicklung einer neuen Kulturlandpolitik NKLP. In deren Rahmen wurden gegen anfänglichen Widerstand der Kantone und Gemeinden als erstes die Bauzonen schweizweit aufs Nötigste plafoniert und weitere Einzonungen von Kulturland rigoros unterbunden. Damit wurde dem Überbauen von Kulturland ein erster Riegel geschoben und der Schutzfaktor insbesondere für Fruchtfolgeflächen sehr stark erhöht.

Ein weiterer grosser Schritt war die mittlerweile zwingende Erstellung kombinierter Agrar- und Landschaftsentwicklungspläne, in denen die Standortpotenziale flächendeckend inventarisiert sowie entsprechende Vorrangzonen mit ihren verschiedenen Ausprägungen für die Landwirtschaft definiert wurden. Seither steht auf Stufe Region in Grundsätzen fest, welche Gebiete sich in erster Linie für die Produktion von Nahrungsmitteln eignen oder welche aufgrund ihrer besonderen Ökosystemleistungen einer ganz spezifischen Nutzung und Pflege bedürfen. Zudem konnte vielerorts mindestens grossmassstäblich geklärt werden, wo agrarnahe Erholungs- und Freizeitangebote zugelassen und wo agrartechnologische Innovationen und entsprechende Infrastrukturen in Zukunft Platz haben sollen. Der Innovation im Agrarsektor förderlich war schliesslich auch die umsichtige Überarbeitung des bäuerlichen Bodenrechts und des Erb- und Pachtrechts. All dies förderte die ausserfamiliäre Hofnachfolge unter Selbstbewirtschaftung und mobilisierte damit neue Kräfte im Agrarsektor.

Mit der kürzlich erfolgten Verknüpfung der Direktzahlungen mit den Vorgaben der Raum- und Agrarentwicklungspläne ist der Paradigmenwechsel in der Agrarpolitik fürs erste abgeschlossen worden. Bei den jüngeren Bauern und Bäuerinnen stossen der Schutz der Kulturlandschaft und die standortangepasste Bewirtschaftung mittlerweile mehrheitlich auf Anklang. Ausdrücklich geschätzt werden – nach Jahren des Hin- und Her – die endlich stabilen Rahmenbedingungen einer eng abgestimmten Raumentwicklungs- und Agrarpolitik.

Der vielfältige Familienbetrieb
So könnte ein Artikel im Schweizer Bauer, Ausgabe 5/2040 lauten:
Allen Unkenrufen zum Trotz: Auch Mitte des 21. Jahrhunderts gibt es ihn noch, den bäuerlichen Familienbetrieb. Wir sitzen Mitte Oktober 2040 im Garten der Familie Corminboeuf nahe Estavayer-le-Lac. In fünfter Generation bewirtschaften Luc und seine Frau Henriette den stattlichen Betrieb. Zurzeit leben und arbeiten hier drei Generationen zusammen, Lohnarbeiter kommen nach Bedarf hinzu. Ausserdem werden zwei junge Frauen als Lernende ausgebildet, eine in der Hauswirtschaft, die andere als angehende Landwirtin. Henriette und Luc engagieren sich zudem im Dorf, sie im Gemeinderat, er in Feuerwehr und Filmclub.

Der Betrieb ist vielfältig strukturiert, mit Ackerbau, Rindviehhaltung (Zweinutzungsrassen zur Milch- und Fleischproduktion), etwas Obst und Gemüse sowie weiteren Tieren, darunter zwei Pferde, Schafe, Ziegen und Hühner. Schon Lucs Vater setzte vermehrt auf eine an den Standort angepasste Produktion und begann mit zunehmendem Erfolg, Ressourcen- und Produktionskreisläufe innerbetrieblich und durch die Zusammenarbeit mit anderen in der näheren Umgebung zu schliessen. Dies mit dem Ziel, die Abhängigkeit von weither Dazugekauftem wie Dünger, Pflanzenschutzmittel und auch Energie abzubauen. ‚Mit der Natur, nicht gegen sie‘, lautete schon bald das Motto, vor allem um den steigenden Einkaufspreisen zu begegnen.

Henriette und Luc machen im Gespräch kein grosses Drumherum: Sie wollen mit dem Produzierten trotz Grenzöffnung auf dem Markt ausreichend Geld verdienen. Natürlich tragen sie dabei ihrem Kulturland Sorge – die sechste Generation ist schliesslich in den Startlöchern. Viele ihrer Produkte, heute mehrheitlich im Premium-Bereich und rückverfolgbar, werden an eine professionelle Abnehmerplattform verkauft, gelangen so zum Teil sogar in den Export und machen zurzeit rund drei Viertel ihres Einkommens aus.

Das restliche Einkommensviertel erhalten die Corminboeufs als Direktzahlungen. Seit Jahren erhalten sie das Maximum, weil sie auf ihrem Land mit grossem Knowhow und Engagement von der Gesellschaft gewünschte Leistungen zugunsten von Biodiversität und Landschaft erbringen, die sich nachweisen lassen. „Wir haben Freude, dass sich der Aufwand mit der Anlage und Pflege von Brachen gelohnt hat und die Feldlerche hier immer noch brütet. Die Zuschüsse erlauben uns, etwas für Natur und Umgebung zu tun, ohne immer gleich an die Vermarktung denken zu müssen“, sagt Henriette. Und Luc fügt nachdenklich an: „Familienbetriebe wie der unsere müssen neben allem anderen auch in den nächsten Jahrzehnten Platz haben. Sonst stimmt doch etwas grundsätzlich nicht mehr mit unserer Landwirtschaft.“

Schweizer Technologie in aller Welt
Das folgende Manuskript des Vortrags der Leiterin des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) an der Jahrestagung der GITTIS im Jahr 2040 könnte auf www. admin.ch gestellt werden:
„Werter Vorsitzender, sehr geehrte Delegierte, meine Damen und Herren,
Ich bedanke mich im Namen meines Landes für die Einladung an die Jahrestagung 2040 der ‚Global Initiative for Technology Transfer and Innovation Sharing‘. Gerne nehme ich als Ministerin für Forschung, Technologie und Innovation die Gelegenheit wahr, Ihnen einige der aktuellen Schweizer Beiträge an die ‚Chancen technologischer Innovationen im Agrar- und Ernährungssystem‘ (wie der Tagungstitel ja lautet) darzulegen.

In weiten Teilen der Welt ist die Schweiz seit Jahrzehnten durch ihre Spitzenprodukte wie Käse und Schokolade bekannt. Diese Exportschlager überblenden aber oft die Tatsache, dass die Schweiz seit 2032 mehr Geld mit dem Export von land- und ernährungswirtschaftlichen Technologien und entsprechendem Knowhow verdient, als mit Nahrungsmittelexporten. Zuerst für eigene Zwecke entwickelt, stellen Schweizer Firmen heute auf allen Kontinenten zum Teil sehr kostengünstige Lösungen für die standortangepasste Produktion von Nahrungsmitteln, für deren Verarbeitung, Lagerung und Distribution sowie für kluge Anpassungen der Landwirtschaft an den Klimawandel zur Verfügung.

Nur ein Beispiel: Auf grossen Anklang gestossen sind unsere ganzheitlichen Zero-Waste-Systemlösungen, die von Schweizer Firmen im Verbund entwickelt und vertrieben werden und die den Recycling-Ansatz konsequent verfolgen. Je nach länderspezifischem Kontext können diese Lösungen mit Anlagen zur Herstellung von Fleisch- und Milchersatzprodukten kombiniert werden. Mit unseren konzertierten Forschungs-, Entwicklungs- und Exportbemühungen tragen wir also in einer ganzen Reihe von Staaten dazu bei, wirtschaftlich erfolgreiche sowie umwelt- und kulturverträgliche Lösungen im Agrar- und Foodsektor zu realisieren. Die Tatsache, dass diese Technologien aus dem Schweizer Ernährungsalltag nicht mehr wegzudenken sind, verschafft diesen Exportschlagern der neuen Generation die notwendige Glaubwürdigkeit.

Wir in der Schweiz sind überzeugt, dass technologische Innovationen – aber auch gesellschaftlicher Wandel – die Schlüssel sein werden, um grössere Fortschritte in der nachhaltigen Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu erzielen. Gerne bringen wir unsere vielfältigen Erfahrungen mit der Innovationsforschung und -förderung im Agrar- und Ernährungssektor in diese wichtige internationale Debatte ein. In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine anregende Tagung mit möglichst konkreten und zielführenden Ergebnissen.“

HighTechAgroFoodRegion ‚Gros-de-Vaud‘ sucht weitere Partner!
Und so könnte ein Geschäftspartnersuche-Inserat in der NZZ vom 02.05.2040 aussehen:
Sind Sie landwirtschaftliche/r Produzent/in oder entwickeln Sie Lebensmittel im Labor? Gehören Sie zum verarbeitenden Gewerbe? Oder hängt Ihr Geschäft sonstwie mit dem Agro- Food-Sektor zusammen? Dann helfen Sie mit, unsere High- TechAgroFoodRegion weiterzuentwickeln. Wir von der Region ‚Gros-de-Vaud‘ suchen weitere Partner, die sich an unserem jungen, dynamischen Firmencluster beteiligen.

Wir sind nicht die Einzigen, aber die Besten: HighTechAgro- FoodRegionen sind in verschiedenen Teilen der Schweiz im Entstehen begriffen. Die AgroFoodRegion ‚Gros-de Vaud‘ bietet Ihnen attraktive Indoor- und Outdoor-Partner, mit denen Neues möglich wird. Denn wir vereinen die unterschiedlichsten Branchen und Betriebe aus dem Produktions-, Verarbeitungs-, Energie-, Recycling-, Verpackungs- und Logistiksektor unter einem gemeinsamen Dach. Wie innovativ wir sind, zeigen unsere jüngsten Partner: Zwei Startup-Betriebe, die sich mit alternativen Nahrungsmittelquellen wie Insektenproteinen und gezüchteten Algen beschäftigen. Nahezu geschlossene Kreisläufe unter Einsatz neuester Technologien, möglichst intensive Lebensmittelproduktion bei hoher Effizienz und tiefer Umweltbelastung – das sind unsere Ziele.

Die Produktion erfolgt bei uns weitestgehend standortangepasst, das heisst unter optimaler Nutzung des regional vorhandenen Potenzials. Tiere werden zum Beispiel auf der regionalen Futterbasis gehalten. Unser Cluster-Management gewährleistet den Beteiligten optimale Stoff- und Energiekreisläufe innerhalb unserer Region.

Sie bringen Ihr Knowhow ein – und bleiben gleichzeitig am Puls der Zeit: Der Austausch mit den anderen Partnern, sowie mit den neuesten Errungen-schaften in Wissenschaft und Technik, hält Sie unternehmerisch fit. Was Sie auch immer zu unserer HighTechAgroFoodRegion beitragen können: Melden Sie sich! Im regionalen Verbund fährt Ihr Betrieb besser, gerade in den heutigen Zeiten weitgehend geöffneter Märkte.

Traumberuf Bergwirtschafter/in
Dieser Bericht könnte Teil einer im Sommer 2040 in der Sonntagszeitung veröffentlichten Artikelserie über Berufe in der Landwirtschaft sein:
Martina Capeder ist schon seit über zehn Jahren diplomierte Bergwirtschafterin. Diesen Berufsabschluss hatte sie nach zweijähriger Fortbildung erlangt. Mit Stolz erzählt sie davon, was der Beruf heute für sie konkret heisst. Sie teilt sich die Arbeit auf ihrem Betrieb in der Val Lumnezia mit einem anderen Bergmanager, wie sie von einigen im Dorf immer noch etwas abschätzig genannt werden. Ihr Betriebspartner hatte vor fünf Jahren der Finanzbranche den Rücken gekehrt und war mit seiner Familie ins Nachbarhaus von Capeders gezogen.

Heute beschäftigen die beiden in Spitzenzeiten bis zu einem Dutzend Personen, mehrheitlich in der Verarbeitung und im Verkauf. Das Einkommen erzielen Martina und ihr Compagnon zum einen aus Direktverkäufen, vornehmlich von selbstverarbeiteten Nischenprodukten (aktueller Renner: Schafskäse und -würste in verschiedensten Variationen). Ihre Kundinnen und Kunden, ob online von weither oder als Feriengäste, schätzen es offensichtlich sehr, im Capeder-Shop von Hand verarbeitete Produkte mit klarer Herkunft beziehen zu können. Und die Erfahrung von Martina zeigt: Für Produkte mit Gesicht sind viele Leute bereit, etwas mehr zu bezahlen. Vielleicht nicht jeden Tag, sicher aber für spezielle Gelegenheiten.

Guten Zuverdienst machen die beiden mit speziellen touristischen Angeboten auf dem Hof und dem dazugehörigen Land. Da springt regelmässig auch Martinas Mann Stefan ein, der zu 60 Prozent als Förster arbeitet. Der Betrieb der Capeders ist Mitglied der regionalen Tourismusplattform ‚Bergidee‘. „Das funktioniert sehr gut, über die bekommen wir regelmässig Gäste, sei es fürs Übernachten, zum Mitarbeiten – ja, das kam in den letzten Jahre immer mehr auf – oder für geführte Touren durch die wilden, pittoresken Ruinenlandschaften der früheren Alpbetriebe“, berichten Martina und ihr Mann.

Und nicht zuletzt sind da die Beiträge der öffentlichen Hand, die sie für ihre fachkundige Arbeit zugunsten der Biodiversität und der Kulturlandschaftspflege im Berggebiet erhalten. Ohne diese Zuschüsse wäre das Leben der Martina Capeder und ihres Betriebspartners mitsamt ihren Familien in der abgelegenen Gegend wirtschaftlich undenkbar. „Mein Beruf ist zwar anstrengend, aber unheimlich spannend. Eigentlich bin ich als Bergwirtschafterin ja dreierlei in einem: Lebensmittelproduzentin, Berglandschaftspflegerin und Touristikerin. Was willst Du da an Herausforderung und Abwechslung mehr? Ich sag es allen: Das ist ein Traumberuf“!

Ein ganzer Strauss von Visionen
Aus den Bildern und Geschichten der «Denkwerkstatt Nachhaltiges Agrarsystem Schweiz» sind folgende, von uns leicht gekürzte Thesen herausgelesen worden:

Einheitsschweiz nein danke: Landwirtschaftspolitik wird künftig vermehrt als Teil der Regionalpolitik und der Raumplanung zu verstehen sein und umgekehrt. Programmpunkte hierfür sind: Schutz des Kulturlandes und Werterhaltung des Bodens bei gleichzeitiger Ermöglichung landwirtschaftlicher Innovation, funktionale Zielsetzungen und entsprechende Entwicklung der Räume, Ausdifferenzierung von Gebieten und (Kultur)Landschaften sowie verbindliche Festlegungen der jeweiligen Vorrangnutzung.

Standortangepasste Landwirtschaft: Die landwirtschaftliche Produktion soll sich in Zukunft auf das ökonomische Potenzial in der jeweiligen Region ausrichten. In der Tendenz wird dies zu einer tieferen Produktionsintensität, zu einem höheren Anteil an ökologischem Landbau und zur Einführung von neuen Technologien und Produktionssystemen führen.

Vernetzt und verzahnt: Die landwirtschaftlichen Erzeugerbetriebe sind gefordert, sich arbeitsteilig und möglichst regional eng zu vernetzen, dies über die gesamte Wertschöpfungskette von der Beschaffung über die Produktion und Verarbeitung bis hin zur Distribution. Der Land- und Ernährungswirtschaft bieten sich in der Verzahnung mit anderen Branchen wie Maschinenbau, Chemie, Elektronik, Energie, IT und anderen erfolgversprechende Möglichkeiten, die es zu nutzen gilt.

Landwirtschaft lohnt sich: Beschäftigte in der Landwirtschaft sollen auch künftig so gut wie andere in der Schweiz von ihrer Arbeit leben können. Die entsprechenden Einkommen sollen sowohl über eine hochtechnologisch-effiziente Produktion erzielt werden können, als auch im Rahmen einer extensiv-natürlichen Landbewirtschaftung.

Neue Gesichter in der Bauernstube: Neben dem traditionellen Familienbetrieb werden Einsteigerinnen und Einsteiger aus anderen Berufen, regionale Agro-Food-Partnernetzwerke und Genossenschaftsbetriebe die Agrarbranche bereichern. Das bäuerliche Selbstverständnis dürfte somit vielfältiger werden und sich bis zur gemeinsamen landwirtschaftlich-gärtnerischen Nutzung öffentlicher Flächen in urbanen Gebieten erstrecken.

Konsumentinnen und Konsumenten packen an: Ein Teil der Bevölkerung wird vermehrt einen engeren Bezug zur Nahrungsmittelproduktion suchen oder sogar einen Teil ihrer Nahrungsmittel selber produzieren wollen. Eine Fülle von nebeneinander bestehenden Distributionsformen (inkl. Direktverkauf, Online etc.) eröffnen den Produzentinnen und Produzenten weitere Absatzmärkte.

Technologie als Chance begreifen: Der Erfolg des schweizerischen Agrar- und Ernährungssektors wird auf lange Sicht massgeblich von dessen Innovationsfähigkeit abhängig sein. Genauso wie in anderen Branchen soll und kann sich die Landwirtschaft als Entwicklerin und Exporteurin von Lösungen positionieren. Beispiele hierzu sind smarte regionale Logistikkonzepte, Recycling-Technologien oder die (halb)technische, umweltfreundliche Herstellung auch neuartiger Nahrungsmittel, zum Teil als Ersatz für Fleisch- und Milchprodukte.

Wissen und Bewusstsein: Die Landwirtschaft braucht neues Wissen, das im Hinblick auf die spezifischen Herausforderungen erschaffen werden muss, oder aber aus anderen Branchen übernommen werden kann. Der Wandel zur Wissensgesellschaft wird auch die Landund Ernährungswirtschaft in Richtung 4.0 verändern. Dabei werden sich die Grenzen zwischen Experten und Laien im Sinne der ‚Bürgerwissenschaften‘ verwischen.

Konsumfreiheiten und gemeinsame Verantwortung: Das Streben nach einer Internalisierung der externen Kosten, bei der sich die jeweiligen Anbau-, Umwelt- und Transportnachteile im Preis niederschlagen, sowie ein grösseres Problembewusstsein und entsprechende Änderungen im Konsumverhalten werden wichtige Beiträge zur Bewältigung der Herausforderungen sein.

Marktöffnung mitgestalten: Die Schweiz muss künftig eine aktive Aussenpolitik in Land- und Ernährungswirtschaft betreiben und sich rechtzeitig in die Marktöffnungsdebatte einbringen. Auf internationaler Ebene gilt es darauf hinzuwirken, dass hohe Umwelt- und Qualitätsstandards gesetzt, die externen Kosten internalisiert, Food Waste gestoppt und möglichst faire Austauschbeziehungen etabliert werden.

Aus: „Land- und Ernährungswirtschaft 2040“, Herausgeber Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), 2016. Die vollständige Broschüre mit diesen Zukunftsvorstellungen findet man unter www.blw.admin.ch mit dem Suchwort Denkwerkstatt.

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