Ist die Schweiz bereit für erneuerbare Energieerzeugung in grossen Dimensionen?
Erhöhter Strombedarf durch Umstieg auf erneuerbare Energien
Die
Ziele der Energiestrategie sind klar - weg von der Atomenergie, weg von
den fossilen Energieträgern und Reduktion des Energieverbrauchs.
Ursprünglich war der Ausstieg aus der Atomenergie im Fokus, mittlerweile
steht die Reduktion des CO2-Ausstosses durch die Klimadebatte im
Vordergrund. Die globale Durchschnittstemperatur wird sich gemäss
breitem wissenschaftlichem Konsens in diesem Jahrhundert um mehr als 2°C
erhöhen. Wissenschaftlich belegt ist, dass die aktuelle Erwärmung zum
grössten Teil menschengemacht ist, durch die Verbrennung von Kohle,
Erdöl und Gas. Eine grösstmögliche Reduktion der fossilen
Energieerzeugung ist also notwendig und dringend. Als Zwischenziel hat
der Bundesrat dazu unter anderem eine Reduktion des Gesamtenergiebedarfs
pro Kopf um 43% bis ins Jahr 2035 in der Energiestrategie
festgeschrieben, der Strombedarf soll pro Kopf um 13% gesenkt werden.
Insbesondere beim Strombedarf stellt sich dabei die Frage, ob dies
realistisch ist.
Natürlich besteht erhebliches Potential für
Einsparungen - gleichzeitig sollen jedoch Ölheizungen auf Wärmepumpen
umgestellt und der Verkehr elektrifiziert werden. Wenn sämtliche
bestehenden Ölheizungen in der Schweiz durch Wärmepumpen ersetzt würden,
hätte dies eine fast 100%ige Reduktion der CO2-Emissionen durch
Heizungen und eine deutliche Reduktion des Energieverbrauchs zur Folge,
gleichzeitig würde jedoch ein zusätzlicher Strombedarf von etwa 10
Terawattstunden pro Jahr entstehen. Das entspricht in etwa der
Produktion des grössten Kernkraftwerks der Schweiz in Leibstadt und
würde den Gesamtstromverbrauch um mehr als 17% erhöhen. Und bei dem
Umstieg von Benzin- und Diesel- auf Elektroautos verhält es sich
ähnlich. Es ist also durchaus realistisch, dass zukünftig zwar der
Gesamtenergieverbrauch reduziert werden kann, der Stromverbrauch dabei
aber zunimmt.
Woher kommt unser Strom in Zukunft?
Wie
soll dieser Strom und der Ersatz für die stillzulegenden Kernkraftwerke
also zukünftig produziert werden? Um die bestehenden Kernkraftwerke mit
gesamthaft 25 Terawattstunden Jahresproduktion zu ersetzen, wären etwa
5500 Windkraftanlagen in der Grösse derjenigen in Haldenstein notwendig
oder etwa 150 km2 PV-Fläche - das entspricht fast der Fläche des Kantons
Appenzell Innerrhoden. Zusätzlich müssen Speicherkraftwerke und andere
Energiespeicher gebaut werden, um tages- und jahreszeitabhängige
Produktions- und Verbrauchsschwankungen ausgleichen zu können.
Ist
ein Ausbau der erneuerbaren Energien in solchen Dimensionen überhaupt
machbar? Technisch und finanziell scheint es möglich - wo es aber
klemmt, ist bei der Umsetzung, bei der Bewilligung und den Einsprachen
gegen solche (Gross-) Projekte. Die Interessenabwägung z.B. zwischen
nachhaltiger Energieversorgung und Landschaftsschutz gestaltet sich
meist sehr schwierig. Es ist dringend notwendig, bessere
Rahmenbedingungen zu schaffen, ansonsten werden wir zukünftig auf
massive Stromimporte angewiesen sein - und diese würden kaum aus
erneuerbaren und CO2-freien Energiequellen stammen. Auch finanziell ist
ein Umstieg auf erneuerbare Energien durchaus interessant - heute
bezahlen Schweizer Konsumenten/-innen jedes Jahr über 15 Milliarden
Franken für Erdölprodukte wie Heizöl, Benzin, und Gas. Dieses Geld
fliesst zu einem grossen Teil ins Ausland, oft auch in Länder mit
politisch fragwürdigen Regimes, welche unsere Grundwerte und Ideale
nicht teilen. Wenn ein grosser Teil dieser Summen zukünftig in die
heimische, erneuerbare Energieproduktion fliesst, wird ein wesentlich
höherer Anteil der Wertschöpfung auch in der Schweiz stattfinden und es
kann davon ausgegangen werden, dass dadurch auch viele tausend
zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden können.
Michael Eberli / Oktober 2019
Sa, 24.04.2021
Di, 18.05.2021
Fr, 18.06.2021
Di, 31.08.2021
Di, 09.11.2021
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